Zurück auf der Nordinsel

18.03.2017

Wir hatten viel zu tun, deshalb haben wir am Montag erstmal auf dem wunderschönen Campingplatz kräftig ausgeschlafen. Dieser lag direkt neben der Autobahn, was unheimlich praktisch ist, aber so durch einen dichten Wald abgeschirmt ist, dass man deren Verkehr nicht mitbekommt. Nachdem wir also endlich aus den Federn gekommen waren und in Wellington ankamen, musste erst einmal ein Parkplatz gefunden werden, was sich als Unterfangen höchster Schwierigkeitsstufe heraus stellte. Nach längerem Suchen fand sich dann endlich ein Plätzchen für Hugo, der uns im wahrsten Sinn teuer zu Stehen kam. Für 2$ die halbe Stunde… egal, das Auto musste ja irgendwo parken, während wir die Botschaft von Indien aufsuchen wollten. Suchen war aber ein gutes Stichwort, denn das mussten wir wirklich. Die Botschaft war nämlich erst kürzlich ungezogen, und Google hatte das wohl noch nicht mitbekommen. Was Google allerdings dann doch wusste war, dass die Botschaft heute geschlossen war… mit unserem Glück hatten wir für den Besuch gerade den Tag des Holi ausgesucht, ein Feiertag in Indien, bei dem nicht gearbeitet wird, auch nicht in der Botschaft in Neuseeland (wer bei Holi an Farbpulver-in-die-Luft-schmeißen denkt ist auf dem richtigen Weg).

So blieb uns nichts anderes mehr übrig, als einzukaufen, was wir bei New World dann auch erledigten. Die zwei Stunden gratis mitten in der Stadt parken kamen uns natürlich entgegen, weshalb wir diese auch gleich nutzten, und zwar in der Library. Die Stadt war uns bekannt, und bekanntermaßen sind Handyakkus immer furchtbar schnell leer.

Leider reichte die geschenkte Parkzeit bei weitem nicht aus, alles voll zu laden, vor allem wenn man eine Ewigkeit nach freien Steckdosen in diesem riesigen Büchertempel sucht, der sich über 2 Etagen erstreckt und unglaublich viel Literatur beherbergt. Leider verlor ich bei „Schere Stein Papier” und musste mich um einen neuen Parkplatz kümmern, was mich dank der überfüllten Stadt, zu wenigen Parkplätzen und deren hohen Kosten eine halbe Ewigkeit gekostet hat. Genauer eine Stunde Gurkerei. Es ist weitgehend bekannt das Parkplatzsuche nervig ist, findet sie aber in einer kleinen hügeligen und überfüllten Hauptstadt eines nicht ganz so kleinen hügeligen aber gar nicht überfüllten Landes statt, dann nervt sie richtig, erstrecht wenn sie so lange dauert.

Einige Zeit später stapfte also ein ziemlich entnervter Sven in die Library zurück, und schwor hoch und heilig nie wieder einen Parkplatz hier zu suchen. Chris erbot sich umgehend dazu bereit diesen Part zu übernehmen, und somit war das Thema vom Tisch, genau wie die 4,50$, die der Parkplatz nun gekostet hatte. Das ist fast so viel wie eine Pizza!

Aber die musste nach dem ganzen Stress des Tages einfach her, und so fuhren wir genau dahin, wo wir vor knapp 3 Monaten auch unsere Autotür repariert haben lassen. Dort befanden sich nämlich sowohl Dominos als auch PizzaHut, wogegen wir uns diesmal allerdings entschieden, und lieber Dominos die Treue hielten. Mit vollem Bauch fuhren wir anschließend die 20 Kilometer aus Wellington raus, zurück auf unseren schönen kleinen Wald-Highway Campingplatz.


Am Dienstag ließen wir j d mit dem aufstehen wieder Zeit, was unter anderem an dem nass-kalten Wetter lag. Bibbernd wurde das Frühstück eingenommen, dann schnell ins Auto, Heizung and und los. Diesmal hatten wir gelernt und fuhren nicht direkt ins Zentrum, sondern hielten ein gutes Stück außerhalb. Für das Visum ist natürlich der Pass von Nöten, den wir auch gestern beide gewissenhaft mit uns geführt hatten. Heute Morgen allerdings war von meinem keine Spur zu sehen, er war unauffindbar und nicht mehr an seinen Platz in der Hosentasche (eventuell aber auch nicht der beste Platz…). Also packten wir beide mit an und durchforsteten das ganze Auto, alles Klamotten, alle Fächer, unter der Matratze, den Sitzen, nirgends war das Rot mit dem goldenen Adler zu finden. Dabei hatte ich das verdammte Ding gestern noch bei Dominos auf dem Stehtisch gehabt, da war ich mir ganz sicher. Ich kann den doch nicht da… oder doch?

„Chris, lass mal zu Dominos”, „Du willst mir doch nicht erzählen, dass du deinen Pass in der Pizzaria vergessen hast?!”

Doch, genau das das wollte ich, und peinlich berührt, Mega erleichtert aber doch auch ein bisschen stolz ob des Erinnerungsvermögens kam ich ein paar Sekunden später triumphierend aus dem Laden wieder raus. Gut, soo stolz kann man auf das Erinnerungsvermögen dann doch nicht sein, denn hätte ich mich zwölf Stunden früher daran erinnert , wäre der Morgen doch erheblich angenehmer verlaufen.

„Die Dinge sind nunmal so wie sie sind, und es kommt immer so, wie es kommt.” Und das alles hatte noch einen weiteren Vorteil, wir konnten dort nämlich unbegrenzt parken, und dann den gemütlichen, einstündigen Spaziergang in die Stadt beginnen. Bevor wir allerdings die Botschaft besuchten, besuchten wir unseren Besuch Conni, der mit dem Bus gestern Abend von Napier nach Wellington gekommen war, nachdem er die letzten Tage mit Eva und Julia verbracht hatte. Wir trafen uns vor dem Parlament Neuseelands und machten uns von dort aus auf zur indischen Botschaft, die heute keinen Feiertag und damit geöffnet hatte. Dort mussten wir ein bisschen warten (das ganze war mit Nummernzetteln organisiert, wobei wir Nummer 18 gezogen hatten, wir kamen bei Nummer 5) um dann nach einem kurzen Gespräch am Schalter versichert zu bekommen, dass es kein Problem sei, das Visum online zu beantragen. Wir hatten nämlich beim besten Willen keine Lust, mindestens eine Woche in Wellington zu warten. 

Nachdem das also mehr oder weniger erledigt war, gingen wir zurück zum Parlament, um dort eine Führung zu machen, die allerdings erst in einer Stunde startete. Solange gingen wir zu BurgerKing und tranken Softdrinks, aßen Eis und unterhielten uns mit Conni über die Reise. Dann war es soweit, und wir gingen ins Parlament. Leider durfte man darin keine Fotos machen, aber im Prinzip ist das Parlament wie das britische “Lower House” aufgebaut, ein „Upper House” gibt es wegen dessen Untätigkeit seit den 1950ern nicht mehr. Die Legislative sitzt in dem mittleren Teil des dreiflügeligen Gebäudes, im sogenannten Bienenkorb, dem neuesten Teil aus den 1970ern die Exekutive, also die Regierung. Im rechten Teil ist eine Bibliothek untergebracht, die wir allerdings leider nicht näher betrachteten, sie war aber der älteste und schönste Teil des Komplexes. Gespannt lauschten wir der Führerin, dann war der einstündige Rundgang aber schon leider wieder vorbei. Als unsere Führung allerdings begonnen hatte startete gleichzeitig die Zusammenkunft des Parlaments, die wir also nach Beendigung der Führung von der Besuchertribüne verfolgen konnten. Und das war wirklich sehr interessant, auch wenn man die Hälfte wegen des enormen Tempos in der die Debatten geführt wurden nicht verstand. Dazu kam das empörte Dazwischenrufen der Opposition, die das ganze wunderbar sonnend gestaltete. Wir schauten vier Rednern zu, die je zehn Minuten Redezeit bekamen, und alle voll ausnutzen, dann beschlossen wir weiter durch die Stadt zu schlendern. Chris ging zum Friseur, während Conni und ich uns das Te Papa Museum anschauten, was mir aber gar nicht mehr gefiel, als wir eine Ausstellung über den Zweiten Weltkrieg besuchten. Hier verglorifizierten überlebensgroß dargestellte Soldaten in heroischer Pose einen Krieg, an dem es rein gar nichts zu verherrlichen gibt. Wir wollten nur noch raus. Wir gingen in die Ausstellung über Maoris und wenig später gesellte sich auch Christoph zu uns. Bei New World kauften wir für das morgige Frühstück ein, und ich für den Abend eine Pastete, die absolut köstlich war. Dann hieß es auch schon wieder Abschied nehmen, und Conni ging zu seinem Hostel, während wir zu PizzaHut gingen, und mit dem Auto anschließend auf den schönen Campingplatz zurück.
Am Mittwoch hieß es dann, Wellington endlich zu verlassen, und das Reisen wieder aufzunehmen. Das würde allerdings durch einen Unfall auf der Autobahnauffahrt etwas behindert, nachdem wir dann aber die richtige Umleitung gefunden hatten, ging es los (getankt und eingekauft musste aber auch noch werden). Ziel war Cape Palliser, der Südöstliche Zipfel der Nordinsel. Dorthin fuhren wir natürlich durch wunderschöne hügelige und auch bewaldete Landschaften, das Wetter war bewölkt aber trotzdem stabil. Während wir also gemütlich vor uns hin tuckerten gab es allerhand zu sehen, und die Strecke war angenehm zu fahren. 

Kurz bevor wir am Kap ankamen führte uns der Weg durch ein Fischerdorf, an dessen Strand sehr viele rostig-gelbe Bulldozer standen. Hinter diesen rostigen Bulldozern waren genau so rostige Anhänger auf denen wiederum etwas weniger rostige Fischerboote standen. Ab da begann eine Schotterpiste, die sich an der Küste entlang wand, am Horizont die grauen Wolken, im Vordergrund das aufgewühlte graublaue Meer.

Wir parkten unser Auto und liefen ein bisschen herum, wegen des starken Windes mussten wir sogar unsere Windjacken anziehen. Dann stellte sich aber heraus, dass es bis zu unserem Ziel noch etwas weiter an der Küste entlang zu fahren war, weshalb wir wieder zurück ins Auto stiegen. 

Ein paar Meter weiter konnten wir das Ziel dann sehen, der Leuchtturm des Kaps, der sogar noch immer in Betrieb ist. Errichtet wurde er 1897, aber für sein Alter noch top in Schuss. Früher war er nur durch eine lose Schotterschanze zu erreichen, heute gibt es glücklicherweise eine zweihundertvierundfünzig stufige Treppe auf die Klippe herauf, die wir als Sportprogramm des Tages gleich mal hinaufrannten. 

Oben angekommen hatten wir eine wunderschöne Aussicht über die Bucht, das Meer und die Bergkette, die sich aus dem Meer erhebt. Wir verweilten ein bisschen und quatschten mit einer Gruppe Amerikanern, kraxelten ein bisschen auf den Felsen hinter dem Leuchtturm herum, genossen die Aussicht und begannen dann auch schon wieder den Abstieg. 

Wir wollten nämlich noch zu einem laut CamperMate super tollen Campingplatz hinter Masterton. Ein paar Stündchen später stellte sich heraus, dass die Rezensionen keineswegs untertrieben waren. Für sieben Dollar bekamen wir eine unbegrenzt heiße Dusche, und eine voll ausgestattete kleine Küche. Mit Abstand der beste Campingplatz auf dem wir bis jetzt waren, wenn man nach dem Preis-Leistungs Verhältnis geht. Und auch die Lage war sehr toll, denn die große Wiese auf der man parken sollte befand sich direkt an einem kleinen Fluss. 

Die Küche wollte natürlich gleich ausprobiert werden, und so bereiteten wir eine schöne große Portion Butterchicken mit Reis und ohne schicken zu. Dabei kamen wir mit zwei Schweizern aus Bern ins Gespräch, Dave und Matthias, der verblüffende Ähnlichkeit mit Edward Snowden hatte, und Jannes, der aus Hamburg kommt. Die Schweizer gaben netterweise eine Runde Bier aus und man dass noch lange zusammen.
Weil die Nacht ziemlich kalt war blieben wir recht lang im Auto, bis es warm genug draußen wurde, um sich hinaus zu wagen. Dann wurde gemütlich gefrühstückt, und Jannes setzte sich mit einem Kaffe zu uns. Nun wurde gemeinsame die weitere Reise geplant, wobei der ursprüngliche Plan nach Napier zu fahren, schnell überworfen wurde, und zugunsten einer weiteren Nacht auf dem tollen Campingplatz hier geändert wurde. Wir fuhren in den nächsten Ort (25 Kilometer entfernt) um für das Abendessen einzukaufen, dass ein Grillabend werden sollte. Nachdem also alles eingekauft war (Süsskartoffeln, Sweetcorn, und Hühnchen, dazu ein Fläschchen Cider für Chris und eine Wein für mich) schlenderten wir durch die Stadt. Diese war ziemlich klein, die ISite könnte uns auch keine wirklichen Highlight aufzeigen, außer der nahen Tui Brauerei, doch wenn man noch fahren muss macht eine Brauereiführung nicht wirklich Sinn…

Also schauten wir in die Läden, wobei wir glücklicherweise auch in einen Secondhand Shop reinschneiten. Hier hab es gerade eine Aktion, dass man eine Plastiktüte mit Klamotten füllen konnte, und alles was da rein passte für zwei Dollar mitnehmen durfte. Ein Riesen Schnäppchen, denn so kam ich an ein neues langärmeliges Hemd, ein Tshirt und eine kurze Hose. Auch Jannes sahnte ordentlich ab, und glücklich fuhren wir zurück zu unserem Platz. Dort wurde dann alles auf den Grill geworfen, nachdem Jannes und Chris Basketball spielen waren, während ich mit Eva telefoniert habe, um unsere nächste gemeinsame Aktion zu planen. Dazu irgendwann mehr. Der Abend wurde wieder lang, und war ziemlich lustig und unterhaltsam.